Herbst(,) geil!
Saison, die: “bezeichnet einen immer wiederkehrenden Zeitabschnitt eines Jahres” (Wiki)
Aus der Sicht eines untalentierten und einigermaßen untrainierten Hobbyläufers auf den längeren Strecken kann ich nur sagen: so etwas wie eine Saison gibt es für mich nicht. Ich unterteile das Jahr nicht geplant in Ruhe und Aktion. Vielmehr erlebe ich den Sport Laufen als eine wunderschöne Gelegenheit, alle Jahreszeiten draußen erleben zu dürfen und mit den Umständen und Schwierigkeiten die sie jeweils mit sich bringen, leben zu lernen. Die Wunder und die Schönheit der Natur finden ganzjährig statt. Das bedeutet nicht, dass es keine Phasen des ruhigeren und weniger intensiven Laufens gibt. Meist werden diese Phasen jedoch durch den Zeitpunkt und die Frequenz der längeren Wettläufe diktiert und nicht durch eine von vorneherein festgelegte Ruhephase, wie es bei einer Saisonplanung der Fall wäre. Es gilt immer das Gleichgewicht zwischen Überlastung und zu wenig Laufen zu finden und die Signale des Körpers wertzuschätzen. So bekommt man mit der Zeit ein ganz gutes Gefühl dafür, ob man in der nächsten Woche wirklich das Pensum durchziehen sollte oder es vielleicht lieber halbiert – um danach wieder frischer angreifen zu können. Nur Phasen gänzlich ohne Laufen sind selten geworden.
Aus meiner ganz persönlichen Sicht und als Läufer, der sein Wettkampftemperatur-optimum irgendwo zwischen 5 und 15°C hat, bleiben noch ein paar Liebeserklärungen an die Zeit übrug, die ungefähr jetzt so langsam beginnt. Ich möchte mal eine Lanze brechen für den Herbst, den Winter und den beginnenden Frühling. Für die Zeit, die bei anderen Sporttreibenden oft mit der Pause zwischen den Saisons übereinstimmt. Versteht mich nicht falsch: auch ich schätze den Sommer sehr. Die brennende Hitze, die langen Tage, die flirrenden Täler, die kühlen Bäche und die nasse, kühlende Kappe auf dem Kopf – aber das was jetzt kommt spielgelt soviel mehr des Ultralaufens für mich wieder, als es der Sommer vermag. Und das hat nichts damit zu tun, dass ich die zugefrorenen Trinkschläuche, die tauben Füße, die ständig nassen und kalten Füße und die beißenden Winde als besonders erstrebenswerte Dinge hervorheben möchte. Aber es kommt jetzt die Zeit, in der
die Natur sich beruhigt, runter fährt und still wird; sich der Bewuchs lichtet und am Ende nur noch ein großes Atemholen bleibt. Keine Erwartungen, keine blühenden Felder, keine Insektenschwärme – nur stilles Sein. Genau das, was ich bei langen Läufen ab einem bestimmtem Punkt auch empfinde. Im Einklang und Gleichschritt durch die weite, kalte und endlose Landschaft zu bewegen – als kleiner Punkt auf der Ebene – ist ein Gefühl welches mich fokussiert und bei mir selbst hält;
der Mond und die Sonne auf den Rauhreif bedeckten Wiesen und Feldern so wunderbar glitzern;
die große Dunkelheit kommt. Nicht, dass das per se etwas Wünschenswertes oder Tolles wäre – aber auch hier gilt: es ist ja eh fast nur noch dunkel… Das macht es einfacher zu akzeptieren. Die Nacht bricht früh und weit vor dem schlimmen Tief in der Nacht herein, so dass genug Zeit bleibt sich an das eine Übel zu gewöhnen, bevor das Zweite beginnt;
in der die Schritte wieder knirschen, sich der Elektrolythaushalt einfach kontrollieren lässt und man mit zwei Litern Wasser fast unendlich weit kommt…