Die persönliche Enttäuschung sitzt noch tief. 30 Runden sind sicher nicht das Ziel gewesen. Die Gründe für die schlechte Performance sind offensichtlich und da ich es perspektivisch nicht anstreben werde diese Lücken zu schließen, wird das wohl der letzte Backyard Ultra Wettkampf gewesen sein. Für mich war die Teilnahme an den Weltmeisterschaften 2022 & 2024 eine großartige Motivation und eine Chance an einem einmaligen Rennen teilzunehmen. Das Backyard Ultra Format habe ich mit nunmehr 4 Teilnahmen (29, 30, 33 & 36 Runden) gut kennen gelernt, die Mechanismen sind klar geworden, der Rhythmus ist verstanden und der Support wurde optimiert. Das soll genügen.
Dieses Jahr war es noch einmal besser als 2022. Das Team-Gefühl hat sich schon im Vorfeld über die Diskussionen in unserer WhatsApp Gruppe aufgebaut und es war großartig diese 15 Menschen im echten Leben zu treffen. Teilweise war es ein Wiedersehen – aber auch einige neue Gesichter waren dabei. Zusammen mit den jeweiligen Support Teams wurde es ein richtig gemütliches Lager und das bange Warten auf den Start war allgegenwärtig.
Als wir durch den Startschuss losgelassen wurden war es einmal mehr ein unglaubliches Gefühl. Das Zusammen-gegen-den-Rest-der-Welt-Gefühl war irgendwie direkt da. Auch wenn das Wetter über die ersten 30 Stunden nicht wirklich sonnig wurde hatten wir doch gute Laufbedinungen. Einzig der nasse und etwas kalte Nebel in der Nacht war etwas störend.
Ein großer Dank gilt allen Crews und den helfenden und organisierenden Händen aus dem Orga-Team unseres Rennens – es hat alles in allem gut funktioniert und wir Läufer konnten uns auf das konzentrieren wozu wir angetreten waren.
Viel könnte über das Rennen geschrieben werden, über die vielen Einzelschicksale, die einsamen Dramen, die famosen drei bzw. beiden am Ende – ein sehr starker Assist und ein verdienter Sieger – aber das war für mich nicht das Entscheidende in diesen Stunden.
Ich habe es sehr genossen mit den allermeisten aus dem Team zu quatschen, es wurde viel gelacht und tatsächlich auch viel zusammen gelaufen. Unterschiedliche Gruppen haben sich gebildet und die Dynamik war wunderbar. Der Team-Spirit wurde dann in der ersten Nacht deutlich. Eine unserer Läuferinnen mochte nachts nicht so gern allein durch die Wälder und Wiesen – und was macht Team Deutschland? Im Stundenwechsel wurde getauscht und die Begleitung organisiert. Konstante 57 Minuten Runden sind sicher nicht jedermanns Sache aber es war keine Frage – die schnellen wie die langsamen – jeder hat eine Stunde übernommen. Teamwork at its best. Wirklich schön zu sehen.
Genial war für mich vor allem die Diversität im Team. Sicher nicht ideal für eine top Performance bei der Backyard Ultra WM, aber wunderbar für das Team-Gefühl. Unsere Spartathlon-Finisher waren sich nicht zu schade, unser Wanderweltmeister war trotz Erkrankung am Start, die beste Deutsche beim 6-Tages-Lauf Anfang September 2024 war dabei. Das war in anderen Teams nicht der Fall. Insgesamt 72000 DUV-Kilometer mit einer Backyard-Ultra Quali Leistung von 632 Yards standen am Start.
Und so haben wir uns dem Backyard Ultra hingegeben. Als Team zusammen, bis es für die Einzelnen von uns nicht mehr weiter ging. Insgesamt ist der 16. Platz dabei herausgekommen – wir konnten mit 542 Yards unsere Vorleistungen leider nicht verbessern. Im Vergleich zur WM 2022 sind dennoch ein paar Yards mehr herausgesprungen.
Während sich die Geschlagenen am Montag Morgen langsam um das Lagefeuer versammelten brach die Sonne endlich aus der dicken Suppe hervor. Ein wenig wie zum Hohn wärmte sie die Ausgeschiedenen. Viel wurde gequatscht, analysiert und erzählt an diesem Morgen am Lagerfeuer. Zu jeder vollen Stunde wurde sich am Korridor versammelt um mit Applaus die verbliebenen Läufer auf die nächste Runde zu schicken. Eine schöne und doch eigenartige Stimmung. Die Gedanken hingen greifbar über den Flammen des Feuers: Trainer und Trainierter in ernster Diskussion um die schmerzenden Glieder, einige mit den Gedanken an eine eh schon miserable Lauf-Saison, Gedanken an das absolute Ende der langen Schinderei, Gedanken an die nächsten Schritte, Gedanken an die große Leere zum Ende der Laufsaison, Gedanken an die Zukunft und wie es wohl weitergehen möge. Es ist ein ehrliches Format dieses Backyard Ultra – vielleicht etwas zu ehrlich. Die Prüfung von sowohl Körper als auch Wille ist allumfassend.
Ich persönlich habe – zumindest für den Moment – die Lust an den Runden vollständig verloren. Ich habe noch nicht einmal die Kraft gefunden die Tabellen zu aktualisieren. Das will wirklich was heißen. Nach einem Jahr der Trennung, der Kündigung, des Umzugs, des Neubeginns auf der Arbeit ist das Feuer erloschen. Ich hoffe es geht bald wieder etwas – die langen Läufe in 2025 werfen ihre Schatten voraus. Endlose Trails, endlose Dunkelheit und Kälte warten. Wieder einmal heißt es sich zu wappnen. Nur woher soll die Freude kommen?
Der Beitrag des BR über unseren Lauf in Katzwang:
Bei allen Geschichten dieser Backyard Ultra WTC ist sicher die des belgischen Teams die besonderste. Alle 15 Läufer des belgischen Teams sind 50 Runden gelaufen und waren damit als letztes Team komplett. Insgesamt sind sie 1147 Yards zusammen gelaufen – mehr als je ein Team zuvor und zum ersten Mal über 1000 Yards. Und zuletzt – 3 Läufer zusammen haben den Weltrekord gebrochen und haben dann nach 110 Yards aufgehört. Es sollte keinen Sieger gegeben unter diesen hervorragenden Sportlern.
Fotos von Sven Kiesewetter und Andi Regler – vielen Dank dafür!