17.01.2015 1825 Nationalpark Infopunkt Zerkall, Startpunkt des Wildnistrails. Es sind tatsächlich alle da, die sich angekündigt hatten. Und sogar noch mehr. Unser persönliches Taxi, welches uns vom Ziel um Start bringen soll, ist sogar extra zum Start gekommen um ein paar Klamotten von uns mitzunehmen. Wir sind sehr dankbar drüber. Nach der Begrüßung sieht jeder zu das der Rucksack gepackt ist und richtig sitzt. Ein Foto. Es ist still, dunkel und kalt. Der Plan von uns sechs ist denkbar einfach: Wildnistrail Nordeifel, falschrum (hat 350 m mehr rauf als runter, insgesamt: 2677 m↑ und 2312 m↓), nachts und im Winter – 85 km Dunkelheit und Einöde also. Zu siebt laufen wir los (ein geplanter Aussteiger begleitet uns bis Heimbach, km 17). Es geht gleich richtig los mit den ersten richtig schweren Höhenmetern. Die Stimmung lockert sich zusehends und wir kommen sehr gut durch bis nach Heimbach. Unsere Nummer 7, die uns hier geplant verlässt, öffnet uns bereitwillig den Kofferraum und wir kommen an Cola und Bananen. Damit nicht genug: wir werden gefragt, was wir so von heißem Tee bei Kloster Mariawald halten würden (7-8 km weiter). Da sagen wir nicht nein und werden tatsächlich nochmal liebevoll auf der zugigen Höhe beim Kloster verpflegt. Einfach perfekt sowas, da gibts gar nicht genug Dankbarkeit und Respekt für diesen Support. Die Stimmung beim Lauf ist gut, auch wenn jeder sich mit so ein paar Sorgen ob der Streckenlänge im Kopf rumschlägt. Keiner scheint sich so ganz sicher zu sein, ob das im Dunkeln und Kalten so gut zu schaffen ist. Wir einigen uns darauf, es Schritt für Schritt anzugehen. Nächster Halt: KM40 – Gemünd.
Über das Laufen an sich ist in dieser Nacht nicht viel zu sagen: es ist perfekt. Alle kommen super miteinander aus, was tatsächlich ein Problem hätte werden können, wenn man 14 Stunden miteinander verbringt. Aber das Gegenteil ist der Fall. In früheren Berichten hatte ich ja schonmal geäußert, dass wenn man mehr als 4 Stunden mit jemandem laufend verbringt, ihn entweder mag danach oder ihn nicht leiden kann. Während 14 Stunden findet man neue, gute Freunde. Stefan nennt das was er macht und liebt oft: simply running! Für diese Nacht passt das perfekt. Jeder ist für jeden da und sorgt so dafür das jeder so gut wie eben möglich durchkommt (was auch das einzige Interesse aller Beteiligten des Laufs ist).
Dann ist KM40 erreicht und uns erwartet das Paradies: Warme Gemüsesuppe, warmer Tee, Baquette, Obst, Cola, Apfelsaft und Wasser. Sogar Riegel sind da. Wir gönnen uns 10 Minuten Pause und genießen einfach. Wer Freunde hat die solch einen Service um halb 1 Uhr nachts irgendwo im Nirgendwo aufbauen, der kann sich glücklich schätzen. Auch der schönste Moment endet irgendwann. Wir machen uns wieder auf.
KM40 war auch gleichzeitig der Point of no Return. Alle wissen das. Vor uns liegen 45 km Nichts, keine Verpflegung, keine Hilfe, jede Menge Dunkelheit und der weitaus schwerere Teil der Strecke. Während am Anfang sehr viele Unterhaltungen zu hören waren, wird das nun etwas weniger. Alles ist reduziert aufs Laufen. Ein eigenartig großartiges Gefühl. Uns ist schon früh aufgefallen, dass wir die Ehre haben unter einem der gigantischsten Sternenhimmel unterwegs zu sein, die ich seit langem genießen durfte. Die unendliche Weite oben und unten das gefrorene Gras, das wie Millionen kleiner Kristalle im Licht der Stirnlampe glitzert. Unbeschreiblich. Langsam, aber unaufhaltsam kommen wir voran, kämpfen uns über enorme Anstiege, halsbrecherische Gefälle und über Singletrails, die rechts so steil runter gehen, das man fast froh ist es nicht komplett sehen zu können. Die Gespräche sind immer noch nicht verstummt, die gute Laune und die Hoffnung das es wirklich alles gut ausgeht ist nie weg. Plötzlich eine Bewegung im Wald. 2 Augen, die eindeutig zu einer Katze gehören die durch den Wald schleicht. Und schnell ist klar, dass es nicht eine Hauskatze sondern die Wildkatze ist, deren Silhouette wir auf unzähligen Schildern hinterher gejagt sind. Geht es perfekter. Ein Tier was sich fast nie zeigt erweist uns die Ehre. Die Nacht hält für mich kurz vor dem Ziel noch einen weiteren großen Moment bereit – die Morgendämmerung. Frei nach Herr der Ringe, nachdem auch die größte Dunkelheit einmal weichen muss, wird es ganz langsam hell. Es hat etwas Magisches. Das Drumrum ist auf einmal wieder da. Wir sind kurz nach Einbruch der Nacht los und jetzt wird es hell. Als es richtig hell ist, ist das Ziel in Sicht. Als wenn es so gewollt gewesen wäre. Wir sind in Monschau-Höfen. Klatschen uns ab. 13:55 h auf den Beinen. Fast vollständig in einer mondlosen Winternacht. Die letzten 200 m führen uns zum Bäcker, wo erstmal heisser Tee, heisser Kaffee und Brötchen verschlungen werden.
Natürlich war es anstrengend zwischendrin, es war unglaublich kalt, es war windig, viele von uns waren an der eigenen Grenze angekommen (keiner musste drüber) und doch sitzen wir 6 zusammen glücklich in der warmen Bäckerei. Abgekämpft, aber lächelnd. Sehr viel investiert und alles gewonnen. Um alles noch ein Stückchen perfekter zu machen gibt es noch die Ehrung die aus der weltbesten Kombi aus Medaille und Urkunde besteht: eine runde Holzscheibe mit dem Symbol des Wildnistrails, welches uns durch die Eifel geführt hat und eine Tüte Anali Kizli von der Firma Mutfak. Die Erklärung: auf der Knorr Tüte sah es aus wie Katzenscheisse und dann auch noch der bestechliche Name. Natürlich musste es die Urkunde werden. Alle wissen: es hat sich wirklich alles gelohnt. Ein riesen Dank gilt unseren Organisatoren, und den Supportern, für ihre liebevolle Organisation und Hilfe. Ohne euch kein wir!
Bis ganz bald, Freunde – war mir eine Ehre!
Ich lass hier mal Platz für Stefans Video! Und da ist es auch schon!
Und hier nochmal unsere Belohnungen im Bild:
Noch 2 Bilder von KM40 (Bilder von Dirk Palm – vielen Dank!):
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