Sonnengewärmter Stahl

When lonely days turn to lonely nights
You take a trip to the city lights
And take the long way home
Take the long way home

Supertramp

Auf den Wegen die wir wirklich lieben könnt ihr uns nicht folgen. Zu den langen Strecken brechen wir oft zu unmöglichen Zeiten auf und bewegen uns auf “Wegen” die eine Fahrrad- und oft auch eine Laufbegleitung unmöglich oder unzumutbar machen. Selten werden wir mit GPS-Sendern versehen und oft ist an Mobilfunk und mobile Daten nicht zu denken.

Wir verschwinden einfach und tauchen nach einer nicht absehbaren Zeitspanne zerkratz, blutend, müde aber lächelnd wieder auf. Wir wissen, das ist schwer zu verstehen. Auch unsere Berichte klingen oft unglaubwürdig. Das wir uns zwischendrin im Paradies befinden klingt unrealistisch. Die laute Stille nachts im Wald, die Wiesen im Morgentau, das letzte Licht des Tages, die ersten Strahlen der Sonne am Morgen, die warmen Steine, der duftenden Waldboden… Da draußen liegt die unendliche Schönheit dieser Welt.

Es ist Pfingstsonntag 2018. Irgendwann zwischen 10 und 19 Uhr. Irgendwo auf dem Ruhrtalradweg. Es ist in der Zwischenzeit viel zu warm geworden – zumindest im Vergleich zu den ersten 24 Stunden. Die Sonne brennt von oben. Der Radweg ist voll, dauernd gehen die Klingeln und ständig wird ausgewichen. Der Asphalt ist warm, die Bänke besetzt – das muss sie sein. Die Hölle, von der immer alle reden.

Von hinten kommt die Ansage: “Wasser”. Zwei Räder kommen nach vorne. Der VPsucher nimmt seine Flasche entgegen und auch ich bekomme meine gereicht. Kurze Konzentration, ein tiefer Zug lauwarmes Wasser, Flasche abgeben und das wars. Ein ewig gleiches Spiel. Seit Stunden. Jedes Mal stelle ich mir die Wassermenge vor, die ich schon getrunken haben muss. Man ist doch erstaunlich gut versorgt an diesem schlimmen Ort.

Unsere Crew leistet Unfassbares. Unterhält uns wenn es passt und, mindestens genau so wichtig, lässt uns (mich) in Ruhe, wenn es nötig erscheint. Fährt zwei Autos und zwei Fahrräder die Ruhr runter, wechselt Reifen, versorgt sich und alle unsere Crew-Gäste bestens, kauft Wasser nach, liest uns unsere Wünsche von den Augen ab, kämpft sich durch den Verkehr, packt das Auto ein und aus und ein und aus und ein und aus und ein und aus. Und es funktioniert fantastisch. Gerade in den harten Phasen greift alles ineinander – ein perfekt funktionierender Motor. Das war ein sehr besonderes und erhebendes Erlebnis für uns!

Eigentlich ist es also doch alles gar nicht so schlimm wie es scheint.

Gar nicht so schlimm!

Und dann noch das: wir (und das schließt mich mit ein) laufen immer wieder längere Strecken. Zwar langsam, aber beständig. Sowohl diesseits als auch jenseits der 200 km. Warum hat denn niemand gesagt, dass das alles so einfach ist. Nein, im Ernst: es ist anstrengend, ja, aber es ist auch möglich und es geht voran. Ein wichtiger Sieg über mich selbst. Das Gefühl war bisher noch nie so klar da und es fühlt sich gut an. Dieses Mal wird es ein gutes Ende nehmen. Keine großen Zweifel, kein Auto 6 km vor Schluss, kein Bangen und kein Zittern. Auch wenn ich nach dem Auto gerufen habe war das eher ein Zeichen dafür, dass der Humor diesmal ebenfalls durchhalten würde und eine Warnung an das Rheinorange: sometimes we have to win too! Ich war mir tatsächlich schon am Samstag Morgen recht sicher, dass es gehen wird – und das war auch ein neues Gefühl.

Ruhr226 😀

Trotz der Unannehmlichkeiten die 35 Stunden Laufen so mit sich bringen sind die letzten Kilometer wunderbar. Wie der ganze Lauf eigentlich. Das nimmt uns keiner mehr. Viele von euch wollten informiert werden, haben mitgefiebert, waren vor Ort und haben geholfen. Wir hoffen euch das Ultralaufen etwas näher gebracht zu haben – mit allem was dazu gehört. Das Ding war für euch!

Auf dieser Strecke wird es kein Wiedersehen mit uns geben. Sehr viele Ziele und Träume sind erreicht und in Erfüllung gegangen – sowohl für uns als auch für einige aus dem Team. Damit ist das auch ein Abschied. Wir konnten das Wochenende genießen und es wird für immer eine schöne Erinnerung bleiben, aber unser Spielplatz ist “dort draußen”. Fern vom heißen Asphalt.

Und was denkt man dann so mit einem kaputten Kopf neben den überwältigenden Emotionen in DEM Moment?

Aha – der Stahl ist ziemlich warm!

Wir verbeugen uns vor:

Henk & Helmut (wir hoffen die Papa´s sind ein wenig stolz – wir haben es für euch zu Ende gebracht), Maren & Martine (ihr habt fantastisch für uns gekämpft), Alex, Steffen & Rainer (klasse, dass ihr zu uns gestossen seid), Barbara & Klaus (für uns wie für die Crew eine super Unterstützung), allen Teilnehmern (hat sehr viel Spaß gemacht viele von Euch, ob vorher bekannt oder nicht, zu treffen und ein paar Momente miteinander zu teilen), Crews (super Stimmung unterwegs) und dem Orga-Team!

Niemals ohne mein Team!

 

TTdR 230 2018 // Roadbook to Rheinorange

Für die TorTour de Ruhr sind immer etwas umfangreichere Vorbereitungen nötig. Die sind nun, 5 Tage vor dem Start, in vollem Gange.

Das Schöne an dieser Vorbereitung ist, dass von vielen Seiten Interesse gezeigt wird, Support angeboten wird und man uns ein Stück begleiten möchte. Das hat im Vergleich zu 2016 noch deutlich zugenommen. Einige kommen für ein Stück zwischendrin dazu, einige kommen mit dem Rad um beim “Finale” dabei sein zu können. Das ehrt uns wirklich sehr! Die WhatsApp-Gruppe wacht so langsam auf – alle scheinen sich zu freuen. Ultra zum Anfassen, Mitleiden und Mitmachen!

Die TorTour ist kein Lauf den man nur für sich läuft. Die TorTour laufen wir für Euch. Wobei “wir” zwei Läufer und unser Kern-Team bestehend aus 4 weiteren Leuten sind und “Ihr” all die seid, die uns die Daumen drücken, an den VPs warten, an die Strecke kommen oder uns “digital” verfolgen und supporten. Wir werden uns auch für Euch echt Mühe geben, bis nach Duisburg zu kommen!

Für alle von Euch steht nun das Roadbook online zur Verfügung – bloß ein geduldiges Stück Papier, welches wir als Orientierungshilfe herausgeben. Alles kann, nichts muss. Wenn ihr genauere Infos haben mögt, könnt ihr euch weiterhin bei uns melden!

Hier gehts zum Roadbook to Rheinorange!


Zeit aufzuhören…

… sich Gedanken zu machen. Seit Ende Dezember stehen fast 1500 km auf dem Tacho. Immer mal krank gewesen, aber nie dramatisch. Zwei 100 km-Läufe im Januar, ein paar längere Trainingsläufe dabei gehabt, im April nochmal 100 km in Solingen und dann 148 km in 24 h am Seilersee. Eigentlich so ziemlich das, was ich mir vorgenommen hatte. Auch der VP-Sucher ist optimal vorbereitet.

Es ist angerichtet. Zeit schon jetzt mit dem Genießen zu beginnen und die Vorfreude auszukosten. Klar, alles kann schiefgehen. Es ist wieder von unendlich vielen kleinen Dingen abhängig, wie es so laufen wird. Aber es ist alles getan. Unendlich viele bekannte Gesichter werden unterwegs sein. Egal was kommt: es wird ein Spaß und eine große Ehre dabei sein zu dürfen. Was in der Zeit von meinem ersten Lauf über 42 km im Mai 2013 bis heute passiert ist … Es fehlen die Worte. Jetzt an diesem Punkt stehen zu können, ist mir eine sehr große Freude.

An alle Starter, Crews und Organisatoren: wir sehen uns unterwegs. Es werden sicher ein paar anstrengende Momente kommen, aber ich hoffe wir werden sehr viel Spaß miteinander haben. Wie sehr ich mich schon jetzt freue an euch vorbei zu laufen, mit euch zu laufen und von euch überholt zu werden :). Es könnten meine ersten 100 Meilen werden. Aber es werden mit Sicherheit schöne Stunden. Wie auch immer es endet. Euch allen: gute Beine, gute Laune und eine fantastische Zeit. Und immer schön weiter laufen. Wenn wir mit Demut und ner Menge guter Laune daran gehen, kommen wir sicher ein Stückchen weit. Wir sehen uns am Wochenende!