Der letzte Sonntag im November hält immer etwas Besonderes bereit: Olne-Spa-Olne. Die Erinnerungen an letztes Jahr waren im Vorfeld etwas verblasst – was noch parat war: Hinfahren ist Pflicht. Diesmal war ich leider allein unterwegs und hab mich deshalb für Musik beim Laufen entschieden. Wecker auf 5, los um 6, Nummer geholt um 7 und dann der Start um 8 Uhr. Ich weiß nicht warum, aber OSO ist ganz speziell.
Es ist nicht so, dass das Traillaufen etwas Neues wäre, oder ich vor allzu viel zurückschrecken würde, aber OSO setzt noch einen drauf. Woran genau das liegt vermag ich nicht zu sagen. Erst einmal ist es sehr viel Trail und dann fällt glaub ich die Bodenbeschaffenheit stark ins Gewicht. Wer kennt sie nicht, die schönen Singletrails auf weichen Tannennadeln, auf moosbedeckten Steilhängen und auf Traumpfaden die so schön sind das man die Augen kurz zu macht. All das ist nicht im Programm von OSO. Steine, unendlich viele Steine (und zwar nicht die schönen kleinen, sondern die, die sich durch die Schuhe bohren, oder die gerade so aus dem Boden gucken, dass ein Sturz unausweichlich ist), knöcheltiefer, klebriger Schlamm, wadentiefes Wasser… Das komplizierte daran – dauernd wechselt das hin und her. Nichts ist mit kurzer Entspannung für Beine und Kopf – das sind 69 km höchste Konzentration. Jeder Schritt ist anders und jeder ist mit einem Hinderniss versehen. Jedes mal überlegen: wo trete ich hin und was hat das für Folgen. Zermürbung in Reinstform. Der einzige Grund für die ab und an kurz vorhandenen Straßen und Waldautobahnen ist wohl, falsche Sicherheit vorzuspielen und die Läufer an der Aufgabe zu hindern :). Es ist eine Strecke zum Liebhaben. Eindrucksvoll war wieder der 3 km Anstieg relativ am Ende auf einem breiten Waldweg. Genau perfekt zwischen zu steil zum Laufen und zu Flach zum gehen. So das man wahnsinnig wird. Die ganze Zeit ist der Gedanke im Kopf: wenn das hinten so runter geht, dann kann man mal ein Stück rennen. Irgendwo ahnt man aber auch was dann Realität wird. Oben angekommen gehts im 90° Winkel ab, Singletrail, der auf gefühlt 200 Metern alle Höhenmeter vernichtet. Während man sich auf allen Vieren an den Abstieg macht ist die einzige Option: über sich selbst lachen. Wie konnte man nur hoffen es wird leicht? Geniale Strecke.
Das Tolle an OSO: alle sind mit Feuereifer und ganz viel Freude dabei. Man kann nicht einfach als mit einem Grinsen durch den Trail zu stolpern. Wenn man sich die Freude und Ironie nehmen lässt gewinnt der Trail auf jeden Fall. Ich musste lachen als ich den ersten VP erreichte: ein 10 Liter (Farb-)Eimer mit Rosinen und eine doppelt so gr0ße Schüssel Chips. Ich war zu Hause angekommen. Überhaupt: es gibt nur alle 16 km einen VP (ich hab das als angenehm empfunden – so wurde ich beim Laufen nicht zu sehr gestört), aber dafür ist die Stimmung prächtig. Für alle die es mögen: die Belgier grillen auch bei Dauerregen. Wer sich ein halbes Schwein auf Toast bei km 48 oder 64 vorstellen kann, dem wird geholfen. Wein und Bier sind inklusive, versteht sich.
Das Wetter war auch perfekt: richtig viel Regen vorher, leichter Regen unterwegs. Wie der Vilvo immer behauptet: “jede gute Strecke wird durch viel Regen noch viel besser”! Ich sage immer: der Mann weiß wovon er spricht. OSO ist eine dieser Strecken. Alles wird soviel schl… äh besser! Soviel weniger laufbar – soviel schöner!
Was das Laufen an sich anging: lief eingentlich. Bis auf den Sturz bei km 29 und die leichten Schmerzen auf den letzten 40 km bin ich gut durchgekommen. Für OSO-Verhältnisse, versteht sich. Scheinbar genau richtig viel gegessen und getrunken; lediglich der VP bei km 48 kam zu einem falschen Zeitpunkt. Aber das Tief war nicht allzu lang.
Die letzte Gemeinheit der Organisatoren ist: man läuft auf den letzten 3 km zweimal an einem Schild vorbei auf dem Olne steht. Zu dem Zeitpunkt hofft man einfach auf das Ende und muss dann immer nochmal einen kleinen Schlenker weg vom Dorf… OSO zu finishen fühl sich eigenartig und besonders an. Die Strecke strengt einen nicht einfach nur an, sie kotzt einen aus. Merhmals. Als ich nass, blutend, schlammig und absolut fertig ins Ziel gestolpert bin und auf französisch gefragt wurde ob es schön war, hab ich “really nice” gesagt. Ein abweisender und erschrockener Blick war die Folge. Ob das am Englisch oder meinem Aussehen lag, ist mir nicht klar. Als ich die Daumen gehoben hab und geseufzt habe, war die Welt wieder in Ordnung. Es ist ein Zieleinlauf für den man unterwegs sehr viel investieren muss. OSO ist was die Streckenführung und Beschaffenheit angeht ein Schlag ins Gesicht. Und doch ist unterwegs immer die Freude mitgelaufen und Olne doch noch wiederzusehen am Ende und nicht im Nirvana verloren gegangen zu sein, macht einfach glücklich. Man verlässt Olne nie ohne noch eine Rechnung offen zu haben mit der Strecke – wir sehen uns 2016.
69 km; 7:43 h; Platz 38
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