Montane Legends Trail LT250 2020

So wirklich beschreiben wie es war, wird nicht möglich sein. Hier kommen zunächst ein paar Worte zu den Fakten und den grundsätzlichen Lehren aus dem Lauf. Vielleicht bin ich zu einem späteren Zeitpunkt bereit, die Gefühle von unterwegs aufzuarbeiten.

Zahlen:

Die harten Fakten am Ende dieser Reise waren: 264 km auf der Uhr, 63 Stunden und 35 Minuten hat es gedauert und die korrigierte Abschätzung der Höhenmeter beträgt 8064 m Anstieg. Das bedeutet in allen drei Kategorien eine neue Bestleistung. So weit bin ich noch nie gelaufen, so lang war ich noch nie auf den Beinen und so viel bin ich noch nie während eines einzigen Laufes geklettert. Auch mit dem Erreichen des Ziels ist das für mich noch immer eine unmögliche Leistung. Unwirklich.

Renneinteilung:

Insgesamt war ich über die gesamt Dauer sehr fokussiert und konzentriert. Ich hab es ausschließlich in den Etappen gedacht, musst also immer maximal 60 km laufen bis der nächste VP erreicht war. Das hat sehr gut funktioniert. Das Große und Ganze zu denken, macht bei dieser Distanz überhaupt keinen Sinn mehr. Zwar sind auch 60 km eine sehr lange Distanz aber ich hatte nie wirklich Probleme wie: das ist unmenschlich weit und das kannst du nicht schaffen. Da hat der Kopf gut funktioniert und das hat mich zugleich überrascht und sehr gefreut. Das Mantra war: ruhig bleiben – es ist WIRKLICH genug Zeit so lange du dich noch vorwärts bewegst.

Am Ende ist die Distanz vielleicht endlich mal so groß gewesen, dass ich nun wirklich lernen durfte wie man Ultras läuft und sie sich einteilt. Eine sehr interessante Erfahrung, die ich ab jetzt für immer bei mir trage. Der VPsucher hat mir in den letzten Jahren während unserer vielen Läufen immer wieder gesagt für Ihn spiele die verbleibende Distanz wirklich keine Rolle. Er bliebe immer im Moment und schaue maximal auf den nächsten Verpflegungspunkt. Ich habe das stets hingenomme aber innerlich gedacht – das funktioniert doch nicht wirklich. Es hat 261 km quer durch die Ardennen benötigt um es endlich zu verstehen. Es funktioniert und es ist wunderbar. Es macht das Laufen so viel leichter. Ich durfte erleben wie ich einfach in die wunderschöne (wenn auch brutale) Landschaft eingetaucht bin und wirklich Stunden später gemerkt habe – krass, schon wieder einige Kilometer weg wie nix. Das war natürlich längst nicht die ganze Zeit der Fall, aber auch an Tag 2 und Tag 3 war ich froh unterwegs zu sein. Es ist mehr wie sich auf einer langen Reise zu befinden, als wie in einem Rennen zu sein.

Was mich noch mehr überrascht hat war die Müdigkeit. Oder mehr: die fehlende Müdigkeit. Klar ist man müde, aber diese bleierne Müdikeit die einen auf der Stelle zum Schlafen zwingen will hielt sich arg in Grenzen. Ich führe das auf eine gute Ernährung zurück – und auf eine entspanntere Grundhaltung. Geschlafen habe ich während der gesamten Distanz 14 Minuten. 10 Minuten in Nacht Nummer 3 irgendwo an einen Hang gelehnt. Das war geplant und war einzig und allein um die Halluzinationen loszuwerden. Ich war es satt überall Menschen zwischen den Bäumen zu sehen. Hat auch einigermassen funktioniert. Bei “chez Ingo” sind mir beim Warten auf den Aufbruch ein weiteres Mal für 4 Minuten die Augen zugefallen. Ob das überhaupt als Schlafen zählt? Auch das erstaunt mich im Nachgang – normalerweise habe ich deutlich mehr Verlangen nach Schlaf.

Die ganze Reise folgte einem wunderbaren Rhythmus aus Laufen, Rucksack am VP neu bestücken, lecker Essen und Aufwärmen, Füße behandeln lassen (waschen, trocknen, behandeln, tapen), Umziehen und wieder raus. Einfach und elegant und etwas zum dran festhalten. Keine großen Fragen stellen – sich diesem Rhythmus einfach hingeben und sich davon treiben lassen. Dinge wie Uhrzeit und Tageszeit oder Wochentag verschwammen zunehmend. Ist es wirklich schon Sonntag? Ist es wirklich schon die dritte Nacht? Wo sind nur die letzten beiden Tage geblieben? Ist das wirklich relevant? Als wenn man staunend daneben steht und denkt: läuft doch!

Fazit:

So zogen sie also dahin die Kilometer in der Ardennen. Viele schon bekannt aus anderen Läufen (Ohm-Trail, OSO, Great Escape, Trainingsläufe, Wanderungen mit der Familie) und fast alle sehr schwer. Über die Strecke braucht es keine Worte hier. Wer noch nie in den Ardennen war, wird keine Vorstellung davon entwickeln können wie es ist und wer schon da war, wird es nicht für möglich halten, dort 261 km zu laufen. Entweder man liebt es brutal oder ist fehl am Platz. Auch hier habe ich letztlich eine: es-kommt-wie-es-kommt Einstellung entwickelt. Ändern konnte ich es eh nicht, es war für alle gleich und es ist genau so gemeint. Sorgen habe ich mir nur um die letzten 15 km gemacht, weil wir ausdrücklich gewarnt worden sind dort genug Zeit einzuplanen und es sogar noch einen extra CutOff vor dem Teilstück gab. Es hat sich rausgestellt: in der Gegend war ich schon häufiger wandern und laufen – es ist steil aber es ist kein Drama. Zudem ging mittendrin die Sonne das dritte Mal auf und es waren noch 7-8 km übrig. Ein absolut überwältigendes Gefühl. In dem Moment wusste ich es: es wird tatsächlich gelingen! Mit dieser Erkenntnis bin ich erstmal einen Moment stehen geblieben und habe auf die Nebelschwaden geschaut die in der Morgendämmerung aus der Ourthe aufgestiegen sind. So sehr das nahe Ziel lockte und überwältigte, so sehr war da auch eine gewisse Wehmut. Sollte ich wirklich schon am Ende dieser wunderbaren Reise sein?

Mehr zu den Eindrücken, Geschichten und Strategien von unterwegs eventuell später!

“You like to see people have the opportunity to really find out that something about themselves.”

Documentary about the BMs

Go Ohm Or Go Home

Ach, Ohm. Es fehlen einem doch die Worte. Vielleicht bist du auf dieser Distanz wirklich der Härteste in Belgien.

Wie der VPsucher anerkennend feststellte, als er mir bei km 52 entgegen kam: es geht doch um die Schönheit, die Eleganz – das Schweben auf den Trails. Nirgends besser zu beobachten als auf den letzten 10 km der letzten 10 % der Ohm-Trail-Läuferschar.

Ja ok, die Wahrheit ist: der Kreislauf war kaputt. Der Körper nicht in der Lage diesen Bedingungen etwas entgegen zu setzen. Die 50 km fast anstrengender als ein 100-Meiler. Die Zeit von 2016 weiter verschlechtert. Läuft. Oder so.

Maaslos an der Weser!

Wir haben uns überlegt – wir hauen einen raus. Einen kleinen, gemütlich Nachtlauf an der belgischen Weser. Zeitpunkt wird das Wochenende Ende Oktober sein, da wird zwar die Zeit umgestellt und viele Läufer machen ihre jährlichen Röntgenuntersuchung, aber wir fühlen uns fit genug auch ohne Vorsorge eine kleine Runde zu laufen.

Alle Details gibt es hier.

Ihr sagt uns einfach auf irgendeinem Weg zu und findet euch dann am Abend des 29.10. in Aachen ein. Dabei habt ihr alles was ihr fürs Laufen der Distanz ohne Hilfe von außen braucht, seid so gut beleuchtet das man euch kilometerweit sehen kann und selbstverständlich bester Laune (damit wir sie euch verderben können :)).

Wer ist dabei?

Venn vom Monschau Ultra!

Der Plan war einfach und elegant: der Monschau Marathon stand wieder mal an. Abends Pasta Party mit den Lieben, dann von Aachen aus loslaufen um nicht so abartig früh aufzustehen zu müssen, um 6 dann am Start vom Ultra stehen und die Strecke genießen,  duschen gehen und dann auf der Wiese vor der Kirche beim gemeinsamenen Picknick zusammenbrechen. Was erstaunlich ist: es hat geklappt. Alles. Sogar das Duschen.

Diese längeren Läufe bleiben immer in Bruchstücken in Erinnerung. Der Hinweg nach Monschau hat diesmal wirklich alles aufgeboten, was wir uns nur hätten wünschen können. Eine wirkliche Sommernach, ein 5/8-Mond, der teilweise so hell war, dass wir die Lampen ausgemacht haben, die endlosen schwarzen Fläche des hohen Venns, endlose Weiten an von meterhoch mit nassem Gras überwachsenen Trails, eine erstaunlich starke orange-belgische Lichtverschmutzung, die hinter uns versank und dann plötzlich tiefe Schwärze und vollkommene Ruhe. Millionen Sterne, viele Sternschnuppen. Dazu diese eigenartigen Temperaturschwankungen. Dort wo die Sonne Tags zuvor etwas zum Erwärmen gefunden hat ist es sehr warm und fast drückend, dort wo mehr Wasser abseits oder auf dem Weg ist, ist es richtig frisch. Ein Wechsel, der teilweise alle paar Meter stattfindet. Und das auf einer waldlosen Hochebene 400 Meter über Aachen. Erstaunliches Gefühl. Nachdem wir den höchsten Punkt Belgiens um 0330 hinter uns gelassen hatten, blieben uns noch 150 Minuten für die 20 km nach Konzen. Mit meiner Schwächephase kurz vor Sonnenaufgang wurde es richtig knapp. Also nicht wie verhofft den schweren Rucksack gegen die Rennvariante tauschen sondern so wie wir waren ins Ultrastarterfeld schleichen. 8 Minuten vor dem Start. Als hätten wir es so gewollt. Schnell allen Bekannten “Hallo” gesagt oder Beschimpfungen mit ihnen ausgetauscht (Stefan J.), den Walkern viel Glück gewünscht und los gings.

Dass es sonderlich einfach oder schnell werden würde war ja nicht zu erwarten. Dafür war es aber wirklich schön. Die vielen Läufer die vorbei gerannt sind und denen wir viel Glück wünschen durften (wir hatten die ersten 14 km des Ultras dann doch unter 2 Stunden geschafft und waren vor dem Marathonfeld auf der Marathonstrecke), die schöne Strecke an sich, die Läufer um uns rum die wir kennen lernen durften und natürlich die Leute an der Straße. Monschau hat ein phänomenales Publikum. Und da wir diesmal am Ende des Felds unterwegs waren wissen wir jetzt auch – die bleiben bis zum bitteren Ende. Besonders schön war es Peter zweimal gesehen zu haben (er schlägt als inoffizieller VP alle offiziellen um Längen!) und Stefan war auch da und hat tolle Fotos und ein Video gemacht. Ein besonderer Dank gilt natürlich unseren Lieben vom 1. Konzener-Kirchen-Picknick-Club. Auch wenn wir euch dieses Jahr zwischen Pasta Party und Picknick fast 17 Stunden in Ruhe gelassen haben und aus dem kurz-vor-11 Uhr Picknick des letzten Jahres ein 13:30 Uhr Mittagsschläfchen wurde – gewöhnt euch nicht dran ;).

Insgesamt 126 km in 16:48 h. Schönes Training für was auch immer. Wir attestieren uns selbst: die Krisen kommen und sie gehen auch wieder. Wir lernen immernoch dazu und werden besser. Wir wissen mittlerweile wann was passiert und sind uns auch meist sicher: es wird schon irgendwie weiter gehen. Die Dinge werden auch bei drohender totaler Erschöpfung noch beendet. Und das Einteilen der Kräfte wird besser. Total bescheuerte Aktionen wie am Leyloch nochmal Gas geben verlegen wir in Bereiche, in denen das Zeitlimit und das Finish nicht mehr ernsthaft in Gefahr sind. Auch wenn der Pfadsucher danach kurz ins Koma fällt, so ist auch das bald wieder vorbei. Spätestens nach 12 Stunden Schlaf.

Eine kleine Anmerkung noch an den Veranstalter: ihr habt zum 40. Mal einen wunderbaren Lauf ausgerichtet, ihr markiert, moderiert, verpflegt und unterstützt die Sporttreibenden aufopferungsvoll. Zur Perfektion fehlt nur ein kleines Detail: der Mensch lebt nicht vom Zucker und von Brot allein. Das wisst ihr und legt Salztabletten bereit. Das ist wichtig und richtig im Sommer. Auch auf einer Strecke von 56 km wünschen wir uns trotzdem zusätzlich, und wir glauben wir sind da nicht allein mit, etwas Salziges zu essen. Was Leckeres. Ne Salzstange, eine(n) Kartoffelchip(stüte), eine aufgeschnittene Gurke mit einem Salzstreuer. Wir würden euch vielleicht nicht die Füße küssen, aber verehren würden wir euch noch ein bisschen mehr. Vermutlich bis nächstes Jahr!

Verwertbare Bilder gibt es kaum. Nachts ist´s so dunkel und den Monschau Ultra kennt ihr. Ja ok, dass vielleicht noch: ein gesperrter Bohlenweg im hohen Venn (mit vielleicht 1-2 Warnhinweisen) war dann doch zurecht gesperrt:

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Dafür danken wir Stefan Vilvo für das schöne Bild. Auch wenn man es unseren Füßen  ansieht (Björn?) sehen wir für 122 km noch ganz ok aus:

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Asphaltwüste

Aus irgendeinem Grund neige ich dazu, sämtliche Strecken mit einem Asphaltanteil von mehr als 10 % als reine Asphaltstrecke zu bezeichnen. Heute gab es wieder so eine gnadenlose Streckenführung:

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P1100003P1100004P1100010P1100009P1100015P1100008P1100007"Heute geht es durch die Asphaltwüste", hat er gesagt.

"An einer Stelle musste ich kurz 'Wegen folgen' ausstellen"

“An einer Stelle musste ich kurz ‘Wegen folgen’ ausstellen”

P1100011P1100013P1100012KleinEinesSamstagmorgens17KleinEinesSamstagmorgens19

KleinEinesSamstagmorgens21

Da werden Erinnerung an die Nachtausgabe des Pussy-Runs wach.